Krieg in der Ukraine

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Re: Krieg in der Ukraine

#1061 Beitrag von Schwejk » Mi 13. Mär 2024, 17:08

Höhepunkt der heutigen Kanzlerfragestunde im Bundestag u.a. zur Taurusfrage ist imho der kurze Schlagabtausch zwischen Röttgen und Scholz (ab 35:40 Min.):



Edit: Oder etwas erweitert in einer Zusammenfassung nun auch hier mit Video:
Kanzler im Kreuzfeuer
»Sie finden immer neue Ausreden«

Norbert Röttgen wollte es ganz genau wissen. Gemeinsam mit einem CDU-Kollegen zwang er Olaf Scholz wiederholt dazu, seine Taurus-Position zu erläutern. Und plötzlich startete der Kanzler eine Duz-Offensive.

https://www.spiegel.de/politik/olaf-sch ... e6dc29364b
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Re: Krieg in der Ukraine

#1062 Beitrag von Schwejk » Fr 15. Mär 2024, 16:52

Scheinwahlen in Russland: EU-Ratspräsident gratuliert Putin zu »Erdrutschsieg« bei Scheinwahl
Seit heute sollen die Russen ihren Präsidenten im Amt bestätigen. EU-Ratspräsident Michel reagiert mit Sarkasmus auf die Wahl-Farce.
(SPON)
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Re: Krieg in der Ukraine

#1063 Beitrag von Preusse76 » Fr 15. Mär 2024, 17:59

Schwejk hat geschrieben: Di 12. Mär 2024, 16:36
Mike1985 hat geschrieben: Di 12. Mär 2024, 13:48 Auch wenn sich die Amis raushalten würden, selbst gegen alle anderen Nato Mitglieder wäre es für Putin kaum möglich zu gewinnen. Außer er ist völlig irre wie hitler damals. Da hätte ich Putin aber doch etwas intelligenter eingeschätzt.
Denn diese Beistandspflicht muß jedoch nicht zwingend militärisch erfolgen. Jedem Mitgliedsstaat bleibt es also überlassen, auch schwächere Maßnahmen zu ergreifen, die er für notwendig hält.
Das stimmt.
Ich hab mir den Artikel 5 des NATO Vertrags mal genau angeguckt. Tatsächlich legt jeder Mitgliedsstaat seine Reaktion auf einen Angriff gegen einen Verbündeten nach eigenem Ermessen fest. Andererseits könnte ich mir als juristischer Laie vorstellen, daß die in dem Vertrag gewählten Formulierungen genau darauf abzielen zwischen souveränen Staaten eine gemeinsame Absicht auszudrücken ohne sich auf konkrete Szenarien und Maßnahmen festzulegen.
(Das hängt ja schließlich auch von der Art des Angriffs und den Möglichkeiten jedes einzelnen Bündnisteilnehmers ab.)

Hoffentlich werden wir nie erfahren, wie einig und entschlossen sich die NATO bei einem russischen Angriff auf Estland, Lettland und/oder Litauen präsentiert.

Es gab Berichte, Putins Nachrichtendienste hätten ihm 2021/22 gemeldet, die Ukrainer würden seine Truppen jubelnd begrüßen. Daß die Ukraine sich heftig wehrt und daß "der Westen" die Ukraine seit >2 Jahren unterstützt, sollte ihn nachhaltig vom Gegenteil überzeugt haben. Einen Angriff auf ein NATO Land kann ich mir daher nicht vorstellen.
(Allerdings habe ich vor 25 Monaten auch nicht geglaubt, daß er die Ukraine überfallen würde. Obwohl er zu dem Zeitpunkt 160000 Soldaten rund um die Ukraine zusammengezogen hatte.)

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Re: Krieg in der Ukraine

#1064 Beitrag von Ignazius5 » Fr 15. Mär 2024, 22:37

Die Ukraine sollte nach Worten von Papst Franziskus den Mut haben, eine »weiße Fahne« zu hissen und ein Ende des Kriegs mit Russland auszuhandeln. Er denke, »dass der Stärkste derjenige ist, der die Situation betrachtet, an die Menschen denkt, den Mut der weißen Fahne hat und verhandelt«, sagte Franziskus in einem Interview.
Wäre im Zweifel auch mal eine Möglichkeit, statt den Krieg auf verschiedenen Ebenen permanent zu eskalieren. (Zeitenwende, Sondervermögen, Leoparden, Strack Zimmermann, Taurus, medial geschürter Bellizismus. "Wir müssen die Kriegsmüdigkeit verhindern", "Lumpenpazifisten" usw. usf.)

Zumal der Krieg für die Ukraine im Zweifel allenfalls auf Kredit geführt wird und es vor allem die Europäer selbst seien werden, die das ganze Dingens auf Sicht bezahlen oder bezahlen müssen. (Wir kaufen, vorzugsweise in Amerika, die Ukraine darf feuern.)

Und es Ist ja nicht nur die Inflation, die im Zweifel damit verbunden ist. (Wir frieren dann auch mal gerne für die Ukraine. Nicht unmittelbar der Hr. Gauck.) Wenn wir dann noch mit China brechen, auch das schwappt ja so langsam schon übern Teich, dürften dem berühmten Gürtel so langsam die Löscher ausgehen.

Krieg gegen die NATO. Also manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass man sich das fast wünscht. Also das der Russe damit anfängt.

Insofern ja, man sollte auch mal über die Möglichkeit der Beendigung des Krieges nachdenken. Bevor wir auf die blinde Idee kommen, tatsächlich Truppen in die Ukraine zu senden und die Bomben richtig zu programmieren, damit sie aus der Ferne die richtigen Ziele treffen.

Gruß Ignazius

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Re: Krieg in der Ukraine

#1065 Beitrag von jasper1902 » Sa 16. Mär 2024, 07:46

Ignazius5 hat geschrieben: Fr 15. Mär 2024, 22:37
Die Ukraine sollte nach Worten von Papst Franziskus den Mut haben, eine »weiße Fahne« zu hissen und ein Ende des Kriegs mit Russland auszuhandeln. Er denke, »dass der Stärkste derjenige ist, der die Situation betrachtet, an die Menschen denkt, den Mut der weißen Fahne hat und verhandelt«, sagte Franziskus in einem Interview.
Wäre im Zweifel auch mal eine Möglichkeit, statt den Krieg auf verschiedenen Ebenen permanent zu eskalieren. (Zeitenwende, Sondervermögen, Leoparden, Strack Zimmermann, Taurus, medial geschürter Bellizismus. "Wir müssen die Kriegsmüdigkeit verhindern", "Lumpenpazifisten" usw. usf.)

Zumal der Krieg für die Ukraine im Zweifel allenfalls auf Kredit geführt wird und es vor allem die Europäer selbst seien werden, die das ganze Dingens auf Sicht bezahlen oder bezahlen müssen. (Wir kaufen, vorzugsweise in Amerika, die Ukraine darf feuern.)

Und es Ist ja nicht nur die Inflation, die im Zweifel damit verbunden ist. (Wir frieren dann auch mal gerne für die Ukraine. Nicht unmittelbar der Hr. Gauck.) Wenn wir dann noch mit China brechen, auch das schwappt ja so langsam schon übern Teich, dürften dem berühmten Gürtel so langsam die Löscher ausgehen.

Krieg gegen die NATO. Also manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass man sich das fast wünscht. Also das der Russe damit anfängt.

Insofern ja, man sollte auch mal über die Möglichkeit der Beendigung des Krieges nachdenken. Bevor wir auf die blinde Idee kommen, tatsächlich Truppen in die Ukraine zu senden und die Bomben richtig zu programmieren, damit sie aus der Ferne die richtigen Ziele treffen.

Gruß Ignazius
Dann erkläre mir ( oder uns ) doch mal wie dieses Ende aktuell und Stand heute aussehen soll?
Die Ukraine gibt 20% IHRES Landes ab ? Darf es auch ein bißchen mehr sein?
Und wer bringt Putin in der jetzigen Lage dazu einen Waffenstillstand zwecks Verhandlungen ( worüber momentan überhaupt ) zu verhandeln?

Sorry, aber ich kenne Niemanden, der den Krieg nicht gerne in den nächsten 10 Minuten beenden würde.
Aber die Stegners und Mützenichs dieser Welt philosophieren ja ach laufend über Verhandlungen, bisher habe ich noch kein Idee dafür gehört , die umsetzbar ist.

Und China ins Spiel zu bringen erscheint mir auch nicht wirklich zielführend zu sein.

Aber irgendwann mussten wir Beiden ja auch mal unterschiedlicher Meinung sein ;)

sgG

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Re: Krieg in der Ukraine

#1066 Beitrag von Schwejk » Sa 16. Mär 2024, 10:17

Ein seit Kriegsbeginn bekanntes mantraartig vorgetragenes Rede-und Argumentationsmuster verschiedener Provenienz und Couleur, das sich aber bricht an der brutalen Realität eines aggressiven Kriegsverbrechers, der auf seiner kompromißlosen Position beharrt, sich auf keine Verhandlungsgespräche einzulassen, die seinen völkerrechtswidrigen Griff auf die Ukraine lockern könnten. Daß man immer noch hierauf hinweisen muß, ist schon ein bisserl irritierend.

Das, was zählt, ist also nicht die noch so edle, noch so gut gemeinte Intention, sondern die Funktion einer Entscheidung oder Handlung.
Ein Plädoyer für die Denke eines Verantwortungsethikers, der im Gegensatz zu einem Gesinnungsethiker sich an den Folgen der von ihm in die Wege geleiteten Politik orientiert
Das wußten bereits unsere Altvorderen, indem sie die Frage aufwarfen: „Cui bono“? Oder die Empfehlung aussprachen: „Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem“. (Was immer du auch tust, tu es klug und bedenke das Ende!)
Ich verkneife mir an dieser Stelle meinen hier allfällig zu erwartenden Hinweis auf den Wirkmechanismus des dialektischen "mephistophelischen Prinzips". ;)

Wem ein „Einfrieren“ des Konflikts oder ein Waffenstillstand nützt, ist ja bereits dem ebenso unendlichen Procedere der Erwiderung jener „Friedensvorschläge“ zu entnehmen.

(…) Ein guter Mensch sein! Ja, wer wär's nicht gern?
Sein Gut den Armen geben, warum nicht?
Wenn alle gut sind, ist Sein Reich nicht fern
Wer säße nicht sehr gern in Seinem Licht?
Ein guter Mensch sein? Ja, wer wär's nicht gern?
Doch leider sind auf diesem Sterne eben
Die Mittel kärglich und die Menschen roh.
Wer möchte nicht in Fried und Eintracht leben?
Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so! (…)

(Brecht: Die Dreigroschenoper. Erstes Dreigroschen-Finale. Über die Unsicherheit menschlicher Verhältnisse)

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Re: Krieg in der Ukraine

#1067 Beitrag von Winnido » Sa 16. Mär 2024, 10:22

jasper1902 hat geschrieben: Sa 16. Mär 2024, 07:46…….

Aber irgendwann mussten wir Beiden ja auch mal unterschiedlicher Meinung sein ;)

sgG
Und wir mal der gleichen Meinung ;)

Wenn Putin nicht Einhalt geboten wird macht er nicht an den Grenzen der Natomitgliedsstaaten halt.
Solange er Krieg führt wird sich innerhalb Russlands keine nennenswerte Opposition bilden.

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Re: Krieg in der Ukraine

#1068 Beitrag von Mike1985 » Sa 16. Mär 2024, 11:38

Ich hoffe ja immer noch dass er von jemanden umgelegt wird. Selbst in den eigenen Reihen hat er mit Sicherheit Feinde. Kann doch nicht so schwer sein.

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Re: Krieg in der Ukraine

#1069 Beitrag von Schwejk » Sa 16. Mär 2024, 12:52

Wer glücklich ist, bedarf nicht der Bosheit (Horkheimer).
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Re: Krieg in der Ukraine

#1070 Beitrag von Ignazius5 » Sa 16. Mär 2024, 18:49

Dann erkläre mir ( oder uns ) doch mal wie dieses Ende aktuell und Stand heute aussehen soll?
Sagen wir mal so: Ich halte die Meinung des Papstes für weise. Wenn mich jemand auf der Straße schlägt und ich keine Chance sehe, dann ist das Nachgeben eine akzeptable Option. Ob mir das gefällt oder nicht. Aber es wäre eine Entscheidung zum eigenem Wohle. Es gibt keine moralische oder wertegeleitete Verpflichtung
zum Kampf um jeden Preis.

Man mag ja über den Konflikt denken, was man will. Dass Russland hier der Aggressor ist, steht doch außer Zweifel und wird auch von den "Lumpenpazifisten" nicht bestritten. Nur aus dem Grund alle anderen Optionen der Deeskalation außen vor zu lassen ("unserer Standpunkt ist unverrückbar"), halte ich auf diplomatischer Ebene für unklug. Und nahezu alle Maßnahmen, nicht nur der letzten zwei Jahre laufen in Richtung Eskalation, während alle anderen die Idioten sind und sich ob ihrer Ansichten oder Meinungen dazu vor dem moralischen Scharfrichter wertegeleiteter Geopolitik sehen.

Oder, anders gesagt, der Krieg ist immer nur das Endproduckt einer vorhergehenden Entwicklung. Und darauf kann unsere Antwort nicht einzig und allein darin bestehen, dass unser Standpunkt unverrückbar ist. Zumal sich die Unverrückbarkeit aus meiner Sicht eher auf die Machtinteressen Amerikas stützt. Dazu scheint es ja auch Planungspapiere aus entsprechenden Think Tanks zu geben. Michael Lüders.

Das Interesse oder Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung bleibt davon ja unberührt. Aber man sollte dem nicht das Interesse oder Recht auf Befriedung opfern oder ausschließen. Menschenleben haben ja auch einen Wert.

Klar scheint die Situation verfahren und Lösungen sind nicht einfach so umzusetzen. Es ist aber Resultat andere Versäumnisse. Das ist der Punkt dabei. Und, auch das schreibt z.B. Lüders, zahlt Europa und auch Deutschland die Zeche. Was auch im Falle Chinas droht. O-Ton des allseits beliebten D.Trump dazu: Wir sollen euch schützen und ihr macht mit dem Feind Geschäfte. So oder so ähnlich war ja wohl die Aussage.

Gruß Ignazius

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Re: Krieg in der Ukraine

#1071 Beitrag von Ignazius5 » Sa 16. Mär 2024, 19:06

Wenn Putin nicht Einhalt geboten wird macht er nicht an den Grenzen der Natomitgliedsstaaten halt.
Man stelle sich mal die absurde Idee als Gedankenspiel vor, dass Kanada oder Mexiko plötzlich Richtung BRICS oder eines jedem anderen Bündnisses gehen und Militärstützpunkte oder Waffen Richtung Amerika aufstellen. Kritik ist berechtigt, das soll nicht der Punkt sein. Man darf sich aber nicht der Illusion hingeben und davon ausgehen, dass Amerika keine Machtinteressen hat, keine Macht oder Einflussverlust fürchtet oder andersartige Ansichten in seinem Umfeld gutgelaunt duldet. Münkler.

Und auch das mag ein Grund sein, warum Russland und China geopolitisch die Feinde sind - erneut. Was will man auch mit der Rüstungsindustrie und all den vielen Militärstützpunkten, wenn es keine Feinde hat.

Ich sag es dann nochmal: Das ist alles kein Grund oder Rechtfertigung für einen Angriffskrieg. Aber es schließt diesen nicht aus. Das war im Kalten krieg so und ist auch jetzt noch so. Und es gab auch damals Kriege um Einflusssphären, nur vielleicht nicht so direkt vor der Haustür.

Gruß Ignazius

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Re: Krieg in der Ukraine

#1072 Beitrag von Schwejk » Sa 16. Mär 2024, 20:01

Historia magistra vitae – Aus der Geschichte lernen?

Wegducken statt standhalten – die westlichen Demokratien üben sich erneut in Verhaltensmustern der Appeasement-Politik der dreißiger Jahre
Sollte die Ukraine nach über zwei Jahren heroischer Gegenwehr dem verstärkten Angriffsdruck des russischen Aggressors nicht mehr standhalten können, wäre dies das katastrophale Resultat eines neuerlichen historischen Versagens der westlichen Demokratien – mit ähnlich verheerenden Konsequenzen wie bei der Appeasement-Politik in den dreissiger Jahren.

Bild
https://www.nzz.ch/meinung/wegducken-st ... ld.1821421

Irritierend, immer wieder hierauf hinweisen zu müssen. So sad.
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Re: Krieg in der Ukraine

#1073 Beitrag von Winnido » Sa 16. Mär 2024, 21:21

Ignazius5 hat geschrieben: Sa 16. Mär 2024, 19:06
Wenn Putin nicht Einhalt geboten wird macht er nicht an den Grenzen der Natomitgliedsstaaten halt.
Man stelle sich mal die absurde Idee als Gedankenspiel vor, dass Kanada oder Mexiko plötzlich Richtung BRICS oder eines jedem anderen Bündnisses gehen und Militärstützpunkte oder Waffen Richtung Amerika aufstellen. Kritik ist berechtigt, das soll nicht der Punkt sein. Man darf sich aber nicht der Illusion hingeben und davon ausgehen, dass Amerika keine Machtinteressen hat, keine Macht oder Einflussverlust fürchtet oder andersartige Ansichten in seinem Umfeld gutgelaunt duldet. Münkler.

Und auch das mag ein Grund sein, warum Russland und China geopolitisch die Feinde sind - erneut. Was will man auch mit der Rüstungsindustrie und all den vielen Militärstützpunkten, wenn es keine Feinde hat.

Ich sag es dann nochmal: Das ist alles kein Grund oder Rechtfertigung für einen Angriffskrieg. Aber es schließt diesen nicht aus. Das war im Kalten krieg so und ist auch jetzt noch so. Und es gab auch damals Kriege um Einflusssphären, nur vielleicht nicht so direkt vor der Haustür.

Gruß Ignazius
Du hast in einem Punkt recht. Putins Machtanspruch wurde durch die Ukraine bedroht. Nach dem Maidanaufstand war die Ukraine auf dem Weg in eine demokratische Zukunft. Das und
Genau das konnte Putin nicht akzeptieren. Denn das hätte für die Russen ein Beispiel sein können, dass eine freiheitliche Zukunft möglich wäre.

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Re: Krieg in der Ukraine

#1074 Beitrag von Ignazius5 » Sa 16. Mär 2024, 22:32

Putins Machtanspruch wurde durch die Ukraine bedroht.
Das ist ja der Streit. Machtanspruch der übelsten Sorte hat immer nur der andere. Der automatisch auch Feind ist, weil er die eigenen Interessen ja stören könnte.

Man kauft sich ein größeres Auto nur deshalb, weil halt der Nachbar ein noch viel größeres Auto hat. Der Nachbar könnte sich auch mal weniger über den einen Meter zu weit versetzten Zaun aufregen. Man tut das ja nicht in böser Absicht. Und außerdem hat er auf dem Stück Boden nie was abgestellt, ist sein Grundstück ohnehin groß genug und angebaut oder sonst genutzt hat er es auch nicht. Wozu also die Aufregung?

Der Russe hat nun mal billige Rohstoffe für unsere Energiewende zu liefern, mehr nicht. Ansonsten bitte raushalten. Es geht den Russen im Zweifel weniger um die Demokratie in der Ukraine, sondern noch viel mehr um die unerwünschte Zugehörigkeit zur NATO. Auch wenn wir natürlich die Guten sind und auch mehr als genug für seine Rohstoffe zahlen. Ob wir zwanghaft ein hochkorruptes, im Zweifel verschuldetes Land in der EU brauchen oder wollen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber es macht die anschließende Verteilung leichter. (Kornkammer, mit Blick auf die eigenen Böden. Die nicht mehr den allerbesten Zustand haben.)

Jedes Land und jeder Hegemon hat Machtanspruche und duldet keine Nebenbuhler in der Nähe. Das war in der Geschichte schon immer so. Man soll nur dazu stehen und das nicht ständig moralisch, wertebasiert überhöhen. Wenn es tatsächlich um die Menschen gehen würde, Soldaten sind ja auch Menschen, dann würde man alles für die Beendigung oder gar Vermeidung eines Krieges tun. Oder das fehlende Gas oder Öl nicht bei den Saudis kaufen. Aber die gehören ja wieder zu den Guten.

Gruß Iganzius

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Re: Krieg in der Ukraine

#1075 Beitrag von Schwejk » So 17. Mär 2024, 00:54

Ein paar Einwürfe:
  • „Im Zweifel“ scheue und vermeide man eine false balance: Opfer = Täter; Angreifer = Verteidiger
  • „Im Zweifel“ sind lebensweltliche Dönekens als Urbilder geopolitischer Konstellationen und Konflikte nicht sehr erhellend.
  • „Im Zweifel“ geht es Putin, versuchte man in sein Hirn hinein zu leuchten, eher um die Angst vor der Infektionsgefahr durch „Maidan“ als um die Sorge vor einem Heranrücken der NATO. Es sei denn, man übernimmt auch hier Versionen Putins und seiner Schergen, worauf man aber „im Zweifel“ besser verzichten sollte. Zumindest in einer Hinsicht sind wir nicht auf Spekulationen über Putins Beweggründe angewiesen, die Ukraine überfallen zu haben und einsacken zu wollen sowie das Baltikum auch bereits jetzt ins Visier zu nehmen, indem wir ihn beim Worte in der Darlegung seiner revisionistischen-imperialistischen „Geschichtsphilosophie“ nehmen, nämlich vermeintlich „russische Erde wieder einzusammeln“.
  • Mit einem kruden anthropologisch unterfütterten Geschichtsverständnis: „Es war schon immer so, isso, woll?“ geht „im Zweifel“ ein quietistisches Einverständnis mit dem jeweilig Bestehenden und Vorfindlichen, auch und gerade bei Ausprägungsformen der Arroganz der Macht, ggf. im Extremfall gar mit autokratischen Machtansprüchen und mit einem geduckten Einfügen in totalitär-autoritäre Strukturen einher. Zweifellos nicht gerade das Urbild einer autonomen Persönlichkeit des aufrechten Ganges und eines „Zoon politikon“ (eines sozialen und politischen Wesens). Dies allfällig als „wertebasierte Überhöhung“ abzutun, übersieht die Werthaltigkeit auch dieses (wie jedes) Urteils.
  • Und wenn wir schomma die „Geschichte“ bemühen wollen, dann „im Zweifel“ doch besser und damit konkreter so, daß wir Lehren aus dem verhängnisvollen Chamberlainschen Appeasement ziehen.
:mrgreen:
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Re: Krieg in der Ukraine

#1076 Beitrag von Ignazius5 » So 17. Mär 2024, 12:23

1. Habe ich nicht gemacht. Also irgendetwas verdreht. Macht ihr das mit Absicht?
2. Interessen sind was anderes als edle Motive. Strategien vs. Intuition.
3. Du siehst es nur anders bzw. übernimmst eine andere Erzählung. Natürlich sind es Machtinteressen. Die allerdings auch der Westen hat. Deshalb ja der Krieg.
4. Ähm, ja. Nenne Imperien, die das anders gehandhabt haben.
5. Ich habe nur gesagt, dass die Worte des Papstes aus meiner Sicht weise sind und damit eine Möglichkeit zeigen, den Krieg zu beenden bzw. einer weiteren Eskalation entgegen zu wirken. Mehr nicht.

Was ist den verkehrt daran, Kriege beenden zu wollen bzw. zu vermeiden und die Welt auch mal aus der Sicht des anderen zu sehen? Also eine Art Verständnis zu erwerben. Macht an doch im Familiären auch. Wenn es ein Problem gibt, hört man sich alle Standpunkte an und versucht daraufhin den Konflikt für alle Beteiligten in einem akzeptablen Sinne zu lösen. Was ist daran verkehrt? ;) :mrgreen:

Gruß Ignazius

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Re: Krieg in der Ukraine

#1077 Beitrag von Tonestarr » So 17. Mär 2024, 12:47

Ignazius5 hat geschrieben: So 17. Mär 2024, 12:23 1. Habe ich nicht gemacht. Also irgendetwas verdreht. Macht ihr das mit Absicht?
2. Interessen sind was anderes als edle Motive. Strategien vs. Intuition.
3. Du siehst es nur anders bzw. übernimmst eine andere Erzählung. Natürlich sind es Machtinteressen. Die allerdings auch der Westen hat. Deshalb ja der Krieg.
4. Ähm, ja. Nenne Imperien, die das anders gehandhabt haben.
5. Ich habe nur gesagt, dass die Worte des Papstes aus meiner Sicht weise sind und damit eine Möglichkeit zeigen, den Krieg zu beenden bzw. einer weiteren Eskalation entgegen zu wirken. Mehr nicht.

Was ist den verkehrt daran, Kriege beenden zu wollen bzw. zu vermeiden und die Welt auch mal aus der Sicht des anderen zu sehen? Also eine Art Verständnis zu erwerben. Macht an doch im Familiären auch. Wenn es ein Problem gibt, hört man sich alle Standpunkte an und versucht daraufhin den Konflikt für alle Beteiligten in einem akzeptablen Sinne zu lösen. Was ist daran verkehrt? ;) :mrgreen:

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Re: Krieg in der Ukraine

#1078 Beitrag von Schwejk » So 17. Mär 2024, 13:32

  • Man durchdenke seine Aussagen und lasse sie unter „Implikationen“ noch einmal „Paroli laufen“.
  • Ich akzentuierte doch bereits deutlich die Differenz zwischen „Intention“ und „Funktion“. Stichworte: „Cui bono?“. „Quidquid agis, agas prudenter, et respice finem“. „inverses mephistophelisches Prinzip“: Gut Gemeintes wollen („Einfrieren“, "Waffenstillstand“) und Böses anrichten (Putins verbrecherische Strategie unterstützen).
  • Klar sind unsere Ansichten konträr entgegengesetzt. Hat was mit gegensätzlichen Wertentscheidungen, Perspektiven, Sichtweisen zu tun. Eine Binse.
  • Daß Imperien dazu tendieren, ihre Machtansprüche über ihre Grenzen hinaus noch weiter auszuweiten, ist ebenfalls eine Binse. Erhellt aber nicht konkrete aktuelle Konfliktlagen. Denn was ist mit Hinweis auf jene Trivialität gewonnen, wenn all das Spezielle unter dem Dach des Allgemeinen sich wegducken kann? Die Verallgemeinerung eines Konkreten oder die Entkernung eines Begriffs durch seine Ausweitung, also die Relativierung eines konkreten Problems, kommentiert der Volksmund gern so: „Nachts sind alle Katzen grau“ Bei Hegel liest sich das etwas abstrakter: „Diese Form ist die Nacht, worin die Substanz verraten ward“. Zudem beinhaltet jener Verweis auf das „Naturgesetz“ einer gleichsam anthropologisch unhintergehbaren Gültigkeit dieser Machtansprüche die Bedingung der Möglichkeit, aktuelle Strategien bestehender Imperien zu legitimieren, etwa nach dem quietistischen Motto: „Kannste nix machen, so ist halt die Weltordnung“.
  • Wer sich Worte einer Autorität zitierend zu eigen macht, sollte auch die Folgen in ihrer realen Umsetzung bedenken: Cui bono? Im Übrigen ließ der Papst inzwischen sogar zurückrudern.
  • Nenn mir jemanden, auch und gerade aus „meiner Fraktion“, der nicht für einen schnellen Frieden ist. Eine wohlfeile Forderung, die ja schließlich aus gutem Grund stets in Sonntagsschulen zu vernehmen ist. Fragt sich nur: sofortiger Frieden mit wem und unter welchen Bedingungen: „Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen“ (Schiller: Wallenstein). Ich bin sicher, daß du den öffentlichen Diskurs – nicht nur bei Lanz, Illner und Maischberger - gerade unter diesem Aspekt verfolgt hast, so daß dir eigentlich die Argumente deiner Gegenseite bekannt sein dürften: Cui bono?
  • Where is the beef, hier einen auf „Lanz“ zu machen, das Hamsterrad in eine neue Runde zu schicken? Boring, dull & tedious, I think.
Lanz, Maischberger und Illner verweisen auf den Ablauf der Sendezeit, der die Diskussion nicht noch einmal in einer weiteren Schleife leerlaufen läßt, ich hingegen auf den leicht erreichbaren Konsens: „We agree to disagree“. ;)
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Re: Krieg in der Ukraine

#1079 Beitrag von Schwejk » Mo 18. Mär 2024, 00:35

Sechsjahresplan:
Wer glücklich ist, bedarf nicht der Bosheit (Horkheimer).
Wer denkt, ist nicht wütend (Adorno).
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Re: Krieg in der Ukraine

#1080 Beitrag von Ignazius5 » Mo 18. Mär 2024, 11:13

@schwejk

1. Ich wüsste nicht, wo ich Russlands Aggression gegenüber der Ukraine abgestritten hätte.
2. Bitte mal deutlich. ;) Wenn es um Interessen geht, stellt sich die Situation etwas anders dar. Dann habe ich auch Strategien, um Ziele zu erreichen. Was sind unsere Ziele? (Kann man auch im geopolitischen Sinne fragen. Auch die Frage nach wessen Interessen - im geopolitischen Sinne.) Natürlich spielt das eine Rolle!
3. Wenn es ein Konflikt gibt, muss der ja gelöst werden. Wenn ich ihn lösen möchte, müssen beide Seiten gehört oder verstanden werden. Da kommt man mit "mein Standpunkt ist unverrückbar" nicht weiter.
4. Interessant! Interessen, Machtanspüche, Strategien, militärische Überlegenheit. Wenig Widerspruch duldend.
5. Damit ist aber nicht die Frage beantwortet, was grundsätzlich gegen seine Aussagen (Papst) spricht. In dem Sinne, dass sie falsch sind. Nämlich eine Situation zu bewerten, die Chancen realistisch zu sehen und daraufhin eine Entscheidung zu treffen. (Der Papst ist Bestandteil der Wertegemeinschaft, das wird man ihn so auch gesagt haben. Auch wenn man in den südlichen Regionen der Welt kritischer Richtung Westen schaut. "Wir leben nicht über unsere Verhältnisse, sondern über die Verhältnisse der anderen."
6. Schwejk, also Kriege passieren nicht im luftleeren Raum. Sie sind Folge vorheriger Entwicklungen, die sich nicht mehr friedlich lösen lassen. (Strategien, Interessen, Ansprüche!) Und ich finde einfach, dass wir als westliche Wertegemeinschaft im Zuge des Zusammenbrauchs des Ostblocks strategische Fehler gemacht haben (das Ende der Geschichte), die Teil der Ursachen der aktuellen Lage sind.
7. Häng das Fleisch nur nicht zu hoch. O-Ton Trump: "Ihr kauft bei unseren Feinden und wir sollen euch schützen" Und natürlich geht es da auch um geopolitische Interessen. (Auch ums liebe Geld.) Mehr ist überhaupt nicht gesagt. Und es ist auffallend, dass wir keinerlei Strategien mehr zur Deeskalation zu haben scheinen. (Brandt, Bahr, mit Abstrichen Schmidt) Das wird oder wurde alles zu Klump gehauen.

Fazit: Man muss ja nicht immer einer Meinung sein. Dann wären wir ja in Russland oder der DDR. Und wer will das schon? ;)
Erzähle das alles bitte Vitaly, Viktor und Tatjana und deren Familien... Alle drei waren Arbeitskollegen von mir/uns...
Selbst wenn ein Frieden mit Landverlust einherginge ("unser Standpunkt ist unverrückbar" Bearbock, "kein Diktatfrieden" Scholz), wäre der erreichte Frieden für das Land immer noch die bessere Option. Krieg, auch der nicht gerechte Kampf, kann nie die bessere Alternative zum Frieden sein. Wie gesagt, auch Soldaten sind Menschen.

Gruß Ignazius

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